Rubrik: Pflanze / Tier / Thema des Monats
Januar 2019: Das Rehwild ( Capreolus Capreolus )
Das Reh ist die mit am häufigsten vorkommende Wildart im Filderstädter Wald.
Es ist der kleinste Vertreter aus der Familie der Hirsche, zählt zur Unterfamilie der Trughirsche und ist daher enger mit
dem Elch als dem Rothirsch, einem echten Hirsch, verwandt. Im Vergleich zum Rothirsch erreicht es eine wesentlich geringere
Größe und Körpergewicht.
Um Filderstadt wird es in seltenen Fällen über 20 kg schwer, der Kopfschmuck der Böcke erreicht etwa die Höhe einer
Handspanne und maximal fünfhundert Gramm Gehörngewicht. Die Geißen tragen keinen Kopfschmuck, sind etwas leichter; bis
etwa 18kg. Ihr Spiegel, ein weißer Fleck hinten auf den Keulen, ist herzförmig und weist einen kleinen Haarbüschel, die
sogenannte Schürze, auf - beim Rehbock ist er nierenförmig. Das Gehörn besteht vollständig aus Knochensubstanz; der Rehbock
bildet es jedes Jahr neu. Es entsteht über den Winter in etwa sechzig Tagen, nachdem der Bock sein altes Gehörn etwa im
Okt./ Nov. verliert - abwirft, wie der Jäger sagt.
Unter einer behaarten, stark durchbluteten Haut, wird die Knochensubstanz des Gehörns neu aufgebaut. Im Frühjahr ab Mitte
März, verfegt der ältere Bock. Er reibt die abgestorbene Basthaut an jungen Waldbäumen ab. Dadurch wird die Rinde des Baumes
verletzt und die eigentlich weiße Farbe des Gehörnknochens durch Harz und Pflanzensäfte braun gefärbt.
Dieses Verhalten dient nicht der Perfektionierung des Kopfschmuckes, sondern dem Abstreifen der lästigen Basthaut und
der Markierung seiner Reviergrenzen. Dazu besitzt er eine Drüse zwischen den Gehörnstangen, die ein Duftsekret absondert.
Die Böcke leben in der Vegetationszeit nämlich territorial und vertreiben jeden Konkurrenten. Hier setzt sich natürlich
der Stärkere durch. Damit sorgt die Natur für den Erhalt der besten Gene.
Die Zahl der Enden, beim alten Bock in der Regel drei, ist kein verlässliches Altersmerkmal wie mancher gerne glaubt und
gibt nur relative Auskunft über das tatsächliche Alter. Neben Zahnabschliff, äußerer Erscheinung und Verhalten, kann das
Gehörn allenfalls Hinweise geben.
Das Sozialverhalten der Rehe ist je nach Jahreszeit sehr unterschiedlich. Im Herbst und Winter stehen Böcke, Geißen und
Kitze in sogenannten Sprüngen friedlich nebeneinander. Sobald die Vegetation im Frühjahr erwacht, grenzen die Böcke jedoch
ihre Reviere ab. Die Geißen sieht man dann noch mit den Kitzen des vorangegangenen Jahres bis etwa Mitte Mai. Zu dieser Zeit
kommen ein bis drei neue Kitze auf die Welt. Die Natur hat dies so eingerichtet, damit die Kitze, die in den ersten drei
Wochen in hoher Vegetation abgelegt werden, einen möglichst guten Start haben.
Die Geißen haben zu dieser Zeit genügend Knospen, feine Blättchen und Wildkräuter zur Verfügung. So können sie die
entsprechend notwendige Milchmenge produzieren. Damit dies möglich wird, hat die Natur eine sinnvolle Einrichtung geschaffen.
Die Paarungszeit, Blattzeit genannt, findet Mitte Juli bis etwa Mitte August statt.
Danach erfolgt eine sogenannte Phase der Eiruhe bis etwa Ende Dezember. Erst dann beginnt der Fötus zu wachsen.
Rehe können sehr gut hören und riechen, wittern einen Menschen schon auf drei bis vierhundert Metern. Sie sehen eher
schlecht; Dinge, die sich bewegen, werden jedoch schnell erfasst. Sie zählen zu den Schlüpfern und Drückern, das bedeutet,
dass sie sich mit ihrem keilförmigen Körper weitgehend unsichtbar machen können.
Interessant ist auch die Ernährungsweise der Rehe. Ein Reh bezieht das notwendige Wasser fast ausschließlich aus seiner
Nahrung! Es trinkt fast nie aus einem Bach oder einer anderen Wasserquelle. Es wird biologisch als Konzentratselektierer
bezeichnet. Dies bedeutet, dass es am liebsten die nährstoffreichsten und seltensten Pflanzen- und Pflanzenteile wählt.
Die gesuchten Nähr- und Mineralstoffe findet es an gut belichteten Pflanzen, vor allem in den Knospen. Mit dem Verbiss der
größten Knospe, der Terminalknospe, schadet es den Waldbesitzern enorm. Dem jungen Waldbaum fehlt dadurch die Information
in die Höhe zu wachsen; er verbuscht. Bei fehlender Bejagung, damit zu hohem Rehbestand, muss daher jeder einzelne Baum
durch eine sogenannte Wuchsschutzhülle davor geschützt werden. Sonst riskiert der Waldbesitzer, dass nicht genügend Wald
nachwachsen kann und eine Entmischung zuungunsten seltenerer Baumarten eintritt.
Text und Foto: Eckard Hellstern
Februar 2019: Das Blaugrüne Sternlebermoos ( Riccia glauca )
Wenn man an Moose denkt, hat man üblicherweise Moosteppiche in Wäldern, auf Gestein im Gebirge, schattige Stellen im
Rasen oder auch eine moosbewachsene alte Mauer im Kopf. Dass Moose auch auf unseren Äckern wachsen wird nur selten
wahrgenommen. Das blaugrüne Sternlebermoos ist eine der Arten, die man im Herbst regelmäßig auf unseren Äckern findet.
Im Gegensatz zu den meisten Moosen bildet das Sternlebermoos keinen Stängel und keine Blätter aus. Häufig bildet es
kreisrunde Rosetten, die an kleine Sterne erinnern - daher der deutsche Name. Die Rosetten haben einen Durchmesser
von 1-2 cm, wobei die einzelnen Thallusabschnitte ca. 5-6 mm lang und 2-3 mm breit sind. In diesen eingesenkt finden
sich die rundlichen Sporogone. Sobald diese reif werden, sind sie meist als schwarze Punkte erkennbar.
Der wissenschaftliche Name Riccia ist weitaus älter. Die Gattung wurde schon im frühen 18. Jahrhundert durch Micheli
aufgestellt, der das Moos nach dem florentinischen Botaniker Pietro Francesco Ricci benannte.
Die Gattung Riccia ist in Deutschland mit ca. 20 Arten vertreten. Die unterschiedliche Gewichtung von Merkmalen durch
verschiedene Autoren führt zu Schwierigkeiten bei der Unterscheidung der Arten. Insofern können die Artenzahlen variieren.
Für Filderstadt lassen sich 8 verschiedene Riccia-Formen unterscheiden, die zu 6 verschiedenen Arten gehören. Die
Untersuchungen sind im Moment für Filderstadt allerdings noch nicht vollständig abgeschlossen.
Wie an der nebenstehenden Karte zu sehen, gehört das blaugrüne Sternlebermoos zu den häufigen Moosen in Filderstadt.
Man findet es zwischen August und November auf nahezu allen Äckern, wobei abgeerntete, aber noch nicht wieder umgepflügte
bevorzugt werden. Es findet sich aber auch regelmäßig auf Maisäckern. Da die Sternlebermoose einjährige Pflanzen sind,
entwickeln sich die Rosetten aus Sporen des Vorjahres. So wächst Riccia glauca an guten Standorten auf einer Fläche von
einem Quadratdezimeter mit bis zu 15 anderen Leber- und Laubmoosarten zusammen.
Die Häufigkeit der Sternlebermoose, aber auch der anderen Ackermoose hängt in starkem Maße von den Witterungsverhältnissen
ab. So konnte man Riccia-Arten 2016 nur selten in Filderstadt finden. 2017 kam es überraschenderweise zu einem massiven
Auftreten von Riccien und anderen Ackermoosen. Die Trockenheit 2018 führte aber dazu, dass nahezu keine Ackermoose auf den
Feldern zu finden waren. Es bleibt zu hoffen, dass 2019 wieder ein üppiges Ackermoos-Jahr wird.
Text, Foto und Verbreitungskarte: Uwe Schwarz, Foto: Riccia glauca auf einem abgeernteten Getreideacker im Bombachtal
März 2019: Die Feldlerche ( Die Feldlerche )
Die Feldlerche fasziniert uns Menschen seit Jahrhunderten: der "Himmelsvogel" wird als Frühlingsbote und als virtuoser,
ausdauernder Sänger in vielen Dramen, Gedichten und Liedern gefeiert und verehrt.
Was ist eigentlich das Besondere an diesem ursprünglichen Allerweltsvogel?
Was macht ihn für den Menschen so bedeutungsvoll, ja einzigartig?
Es ist vor allem der himmelhoch jauchzende Gesang der "Lerche" - hier einige erstaunliche Details zu dieser Eigenschaft:
- Der charakteristische, steil aufsteigende Singflug startet aus dem Stand und kann bis zu Höhen von 50 bis 150
Metern (!) führen.
- Während des gesamten Singflugs, der meist zwei bis fünf Minuten andauert und dreimal je halbe Stunde wiederholt
wird, kann die Lerche ununterbrochen trällernd, zirpend und rollend singen und dabei sogar noch Futter im Schnabel tragen!
Eine atemtechnisch unglaubliche Leistung dieses zierlichen Vogels!
- Das wäre in etwa vergleichbar, wenn man von uns Menschen verlangen würde, im Laufschritt ein 20-stöckiges Hochhaus
hinaufzurennen, dabei ein fröhliches Lied zu schmettern und nebenbei noch 2 Stückchen Schokolade zwischen den Lippen
gepresst zu halten.
Aber: warum tut sich die Lerche eigentlich diese Kraftanstrengung an?
Andere Vögel singen doch auch, bleiben dabei aber bequem auf einem Ast oder dem Hausdach sitzen und finden trotzdem ihre
angebeteten Partnerinnen!
- Lerchen sind ursprüngliche Bewohner baumloser Steppen und anderer offener Landschaften, in welchen sie keine
geeigneten, exponierten Singwarten finden. Ersatzweise versuchen deshalb die balzenden Männchen, den Damen ihrer Wahl mit
einem beeindruckenden Singflug zu imponieren.
Wie sehen Feldlerchen aus? Wie ernähren sie sich?
- Mit ihrem überwiegend graubraunen Gefieder sind sie sehr gut getarnt und am Boden dadurch kaum zu entdecken.
Weiße Schwanzkanten und die weiße Unterseite kann man meist nur im Flug erkennen. Die kleine Federhaube auf dem Kopf wird
nur zeitweise aufgestellt.
- In der warmen Jahreszeit werden Insekten, Spinnen, Würmer und Schnecken erbeutet. Wenn die tierische Nahrung im
Herbst/Winter knapp wird, wird die Lerche zum Veganer und ernährt sich von Sämereien und anderen, erreichbaren Pflanzenteilen.
Sind Lerchen ganzjährig bei uns zu sehen?
Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus?
- In Zeiten der Klimaerwärmung kann man Feldlerchen fast ganzjährig bei uns beobachten. Als Kurzstreckenzieher
weichen sie bei Wintereinbrüchen in wärmere Gefilde nach Westeuropa und in die Mittelmeerländer aus.
- Ab Anfang April werden i.d.R. zwei Jahresbruten mit Gelegen von (2)3-5(7) Eiern begonnen, aus denen nach 11-12
Tagen die Jungen schlüpfen. Als Bodenbrüter sind die Gelege der Lerchen besonders gefährdet: Raubfeinde (z.B. Krähen,
Füchse), intensive Landwirtschaft mit immer weniger Brachen und unwetterartige Niederschläge stellen eine ständige Gefahr
für den Bruterfolg dar.
Welchen Lebensraum bevorzugt die Feldlerche? Wo kommt sie vor?
- Als "Kulturfolger" ist die Lerche ein Bewohner unserer Agrarlandschaft. Sie braucht offenes Kulturland, also Äcker
und Wiesen mit möglichst baumfreien Flächen und freier Sicht.
- Ideal ist ein abwechslungsreiches Gemisch unterschiedlicher Anbauformen aus Getreide, Hackfrüchten, Brachen und
Grünland. Bei intensivem, großflächigem Maisanbau hat die Feldlerche keine Überlebenschancen.
Wie steht es um den Bestand und die Verbreitung der Feldlerche?
Welche Gefährdungsursachen gibt es?
- Vom ursprünglich weit verbreiteten Allerweltsvogel ist die Feldlerche inzwischen weit entfernt. Die Bestände sind
landesweit seit 1989 um 75 % und in den letzten 25 Jahren um mehr als ein Drittel zurückgegangen; sie wird deshalb in der
Roten Liste Baden-Württembergs als "gefährdet" eingestuft. Auch in Filderstadt kommt kann man den jubelnden Gesang der
Feldlerche immer seltener hören.
- Aufgrund der anhaltenden Bestandsgefährdung hat der NABU die Feldlerche zum Vogel des Jahres 2019 ausgerufen.
- Wie bei allen Feldvogelarten und Bodenbrütern nimmt die Bestands-Gefährdung bei den Lerchen weiter zu, was auf
mehrere Ursachen zurückzuführen ist. In Filderstadt wirkt sich nicht nur die Intensivierung der Landwirtschaft negativ aus:
gravierend ist in unserer "Boom-Region" auch der Lebensraumverlust durch Ausweisung ständig neuer Wohn- und Gewerbegebiete
und durch die Zerschneidung landwirtschaftlich genutzter Flächen mit Neubau oder Ausbau von Straßen und
Flughafen-Erweiterungen. Nicht ohne Grund finden wir in Filderstadt Feldlerchen-Reviere vor allem dort, wo noch
größere zusammenhängende Landwirtschafts-Flächen vorhanden sind: z.B. östlich von Bernhausen, oder in den
Ackerlandschaften um Sielmingen und Harthausen.
Quellen:
NABU - Die Feldlerche, Vogel des Jahres 2019
E.Bezzel - Handbuch Vögel (2006, BLV-Buchverlag München)
Text: E. Mayer, Grafik: Online-Vogelführer NABU
April 2019: Der Bergmolch ( Ichthyosaura alpestris )
Knallorange der Bauch, die Flanken hell mit dichten schwarzen Punkten, darunter ein hellblauer Streifen und auf dem
bläulich dunklen Rücken ein kleiner schwarz-gelber Saum. Das ist der Hochzeitsanzug des etwa 8 cm großen männlichen
Bergmolchs im Frühjahr, wenn er um die Gunst der Weibchen buhlt. Schon zeitig im Jahr verlassen die Tiere ihr Winterversteck
unter Wurzeln und Steinen, um ihr Laichgewässer aufzusuchen. In Filderstadt wurden die ersten Exemplare 2019 bereits am 24.
Februar gesichtet.
Die etwas größeren und unscheinbareren Weibchen sind auf der Oberseite dunkel marmoriert, aber auch sie haben einen
einfarbig grellorangenen Bauch. Dieser ist ein gutes Unterscheidungsmerkmal von den drei anderen in Filderstadt vorkommenden
Molcharten: Bei Faden-, Teich- und Kammmolch ist die Unterseite zwar ebenfalls mehr oder weniger orange, hat aber meist
dunkle Punkte oder Sprenkel.
Um bei einer potentiellen Partnerin Eindruck zu machen, legt sich das Bergmolch-Männchen mächtig ins Zeug. Es versucht
zu beeindrucken, indem es sich immer wieder vor die Angebetete stellt und sich von seiner prachtvollen Seite zeigt.
Zwischendurch klappt es seinen Schwanz seitlich nach vorne um, wedelt damit hin und her und fächelt ihr so Duftstoffe zu.
Findet das Weibchen dann irgendwann Gefallen an seinem Bewerber, stößt es ihn mit der Schnauze an. Daraufhin setzt das
Männchen sein Samenpaket auf dem Boden ab. Es läuft nun gezielt rückwärts und lenkt das ihm folgende Weibchen so, dass
dieses genau über das Samenpaket kriecht, das sie dann mit ihrer Geschlechtsöffnung aufnimmt.
Bergmolchweibchen legen über einige Wochen verteilt bis zu 250 Eier ab. Diese werden einzeln an Pflanzenteile geheftet,
die mit den Hinterbeinen zu einer Tüte geformt werden, um dem Ei einen gewissen Schutz zu bieten. Je nach Temperatur
schlüpfen die Larven nach zwei bis vier Wochen. Im Gegensatz zu den Kaulquappen der Frösche und Kröten, wachsen bei den
Molchlarven zuerst die Vorderbeine. Außerdem leben sie räuberisch von kleinen Wasserlebewesen. Nach drei bis fünf Monaten
stellen sie von Kiemen- auf Lungenatmung um und gehen als kleine Molche an Land.
Der Bergmolch besiedelt die verschiedensten Gewässer, selbst wassergefüllte Wagenspuren oder Gartenteiche werden angenommen.
Als Landlebensraum bevorzugt er den Wald, kommt aber auch in offeneren Bereichen vor, wenn genügend schattige
Versteckmöglichkeiten vorhanden sind. Auf Nahrungssuche begibt er sich nachts, wo er Jagd auf Regenwürmer, Asseln und
Insekten macht. Da der Bergmolch zu den Amphibien gehört, ist er auf Feuchtigkeit angewiesen. Im Gegensatz zu den Reptilien,
die mit ihrer Hornschicht einen guten Verdunstungsschutz besitzen, trocknet ein Molch in zu trockener Umgebung aus und stirbt.
Dafür hat er aber die Fähigkeit, zusätzlich zur Lungenatmung, durch die Haut zu atmen. Auch trinken müssen Molche nicht.
Sie nehmen die nötige Flüssigkeit durch die Haut auf. Der Name Bergmolch deutet darauf hin, dass er sich hoch hinauswagt
und in den Alpen noch in Höhen von über 2000 Metern vorkommt.
Obwohl der Bergmolch über weite Teile in Mitteleuropa verbreitet ist, gehen seine Bestände zurück. Dies liegt nicht an
seiner großen Anzahl von Feinden, wie Vögeln, Schlangen, Igeln und anderen Säugetieren, mit denen er sich schon immer
auseinandersetzen musste. Das Problem ist, dass die ausgeräumte Landschaft keinen geeigneten Lebensraum mehr bietet. Böden
werden versiegelt, Gewässer trockengelegt oder trocknen aus, bevor sich die Larven fertig entwickelt haben. Forstwege mit
Wasserlöchern werden geschottert, Lichtschächte zu Todesfallen. Und schwimmen im Teich Fische, lassen die sich den
Molchnachwuchs schmecken. Lauter Gründe, warum der Bergmolch zum Lurch des Jahres 2019 gewählt wurde.
Dabei haben Molche eine unglaubliche Eigenschaft: Sie können verletzte Organe oder verlorene Gliedmaßen wieder nachwachsen
lassen! Seit einigen Jahren beschäftigt sich die Forschung mit diesem Phänomen, von dem die Menschen bisher nur träumen
können. Es wäre unklug, dem Schwinden dieser Art nicht entgegenzuwirken.
Quellen:
www.froschnetz.ch/arten/bergmolch.php
NATURSCHUTZ heute; Winter 2019, NABU
Text und Foto: B. Förderreuther
Mai 2019: Der Weißdorn ( Crataegus )
Crataegus, Weißdorn, Hagedorn, Rosaceae, engl. thorn, frz. aubépine
Heilpflanze des Jahres 1990, Arzneipflanze des Jahres 2019
Arten:
- Eingriffeliger Weißdorn, Crataegus monogyna
- Zweigriffeliger Weißdorn, Crataegus laevigata
- Großfrüchtiger Weißdorn, Crataegus.macrocarpa, cruss-galli
- Rotblühende Zierformen, Crataegus.coccinea, laevigata Pauls Scarlet, lavallei
Der Weißdorn ist heimisch in Europa, Westasien, Nordafrika. Er wurde schon von Theophrast von Hohenheim beschrieben.
Die Bestimmung der Wildformen ist nicht immer einfach, da Crataegus-Arten untereinander bastardieren können. Sie können
bis 5 m hoch und 500 Jahre alt werden.
Bevorzugte Standorte sind Gebüsch- und Laubwald-Gesellschaften. Er liebt schwach saure bis alkalische Böden und verträgt
Trockenperioden, aber keine Staunässe. Im Landschaftsbau wird er als Rohbodenbefestiger eingesetzt wegen seiner
tiefreichenden und weitreichenden Wurzeln.
Die weiße Blüte zeigt die Verwandtschaft zur Schlehe (Schwarzdorn), das Ende des Vollfrühlings an (Aufgang der Frühkartoffel).
Sie riecht unangenehm nach Heringslake. An der Blüte können anhand der Griffelzahl die Arten unterschieden werden.
In Filderstadt sind Weißdorne in vielen Feldhecken und Feldgehölzen zu finden. In der Nähe von Streuobstwiesen ist er nicht
gern gesehen, da er anfällig ist für Feuerbrand und Unterschlupf für Obstbaumschädlinge bietet.
Er ist aber wichtig als Vogelschutz - und Nistgehölz (Rotrückenwürger = Neuntöter).
Die Früchte reifen September-Oktober und sind reich an Vitamin C. Daher werden sie gerne zu Marmelade verarbeitet (Hägenmark).
Das Holz ist hart und schwer und als Drechselholz geschätzt. Im Mittelalter dienten Weißdornzweige zur Zauberabwehr und
wurden zum Schutz des Viehs über Stalltüren genagelt.
Zweige von Weißdorn und Schlehen werden in Gradierwerken von Solebädern eingebaut. Die über die Zweige rieselnde Sole
wirkt heilend bei Lungenerkrankungen.
Auszüge aus Früchten und Blättern werden in der Heil- und Arzneikunde zur Leistungssteigerung des Herzmuskels eingesetzt.
Wirkstoffe sind Flavonoide, Procyanidine und Triterpene. Dabei unterscheidet sich die Wirkungsweise von Crataegus
grundlegend von Digitalis.
Quellen:
Ehlers, Baum und Strauch in der deutschen Landschaft ,1960
Theo Müller, Schwäbische Flora, 2011
Bianchini, Corbetta, Der Große DLV Heilpflanzenatlas 1983
Text: Uli Bessing, Fotos: pixelio.de: (angieconscious, Bernd Kasper)
Juni 2019: Die Senf-Blauschillersandbiene ( Andrena agilissima )
In diesem Monat soll es um einen Auftrag gehen, die in Filderstadt noch nicht kartierte, deswegen noch nicht
fotografierte Wildbiene des Jahres 2019 zu suchen.
Sie bevorzugt eigentlich die tieferen, wärmegeprägten Lagen, aber da sie auf Grund ihrer Nahrungsansprüche fast
ausschließlich in Ackerbaugebieten vorkommt und die Fildern an zwei kartierte Punkte angrenzt, können wir durchaus
der Wildbiene des Jahres 2019 begegnen.
AUSSEHEN:
- Blauschimmer (!) auf Flügel und Hinterleib
- 13 - 15 mm (beachtlich!), beide Geschlechter
- Schneeweiße Haarbüschel an den letzten Hinterleibsringen, den Hinterbeinen (bei weiblich), als seitliche
Fransen am Ende des Brustteils sowie der Kopfbehaarung
- Die Lieblingsnahrung ist Ackersenf, weswegen bei den sammelnden weiblichen Tieren die Pollenhöschen blaß gelb
gefärbt sind.
LEBENSWEISE:
Die weiblichen Tiere sammeln ausschließlich auf Kreuzbütlern Pollen, sind also hoch spezialisiert. Raps,
Weiß-Senf, und der immer beliebter werdende Leindotter gehören auch zu den besuchten Blüten. Bis zu 1 km fliegt sie
zur Nahrungssuche. Besonders die Männchen sind rasante Flieger, worauf sich der Name "agilissima" bezieht. Die als voll
entwickeltes Insekt überwinternde Art fliegt von etwa Anfang Mai bis Anfang Juli und bildet eine Generation im Jahr.
Wie alle Sandbienen bauen die Weibchen ihr Nest im Erdboden. Sie graben Hohlräume bevorzugt an regengeschützten Plätzen.
Löß-Steilwände, wie wir sie bei unserer Jahres-Exkursion in den Kaiserstuhl im Mai diesen Jahres gesehen haben, gibt es
(nicht mehr) auf den Fildern, aber offene Bodenstellen an Wegrändern, Waldsäumen, Flußufern, trockene Mager- und Fettwiesen
gehören auch zu ihrem Lebensraum. Selbst in Mauerfugen wurden Nester mit an die 100 Weibchen beobachtet.
Die Art braucht einerseits zur richtigen Zeit genügend blühende Futterpflanzen in erreichbarer Nähe. Helfen könnten im
März ausgesäte Arten, die auch nach der Rapsblüte noch Nahrungsquelle sind. Wenn schon keine ganzen Äcker mehr, dann
überall anders. Selbst streifenförmig im Hausgarten oder an Ackerrändern freut es dies Bienenherz.
Andererseits sind geeignete Nistmöglichkeiten gesucht, weil rar geworden. Offenes Bodengefüge ist nicht nur dreckig
sondern wertvoll für diese und andere Arten. Störungen außerhalb der Vegetationszeit zu schaffen ist ein Bienenhotel der
saumäßig erdigen Art.
Wenn Sie die Senf-Blauschillersandbiene auf Ihren Streifzügen durch die Natur entdecken, freut sich das
bdj@wildbienen-kataster.de
über eine Meldung, am allerliebsten mit Foto. Und wir Biotopkartierer natürlich erst recht.
Text: Marion Schacke-Schreiber, Fotos: .Wildbienen-Kataster.de R. Burger (1), (2), M. Schacke-Schreiber (3)
Juli 2019: Echtes Johanniskraut ( Hypericum perforatum ) - Heilpflanze des Jahres 2019
Noch vor wenigen Jahren hing an vielen Bauernhäusern in Filderstadt außen vor dem Küchenfenster ein kunstvolles
"Schüsselbrett". Neben trocknenden "Häfen" und zu kühlenden Speisen stand hier im Sommer auch oft ein Glaskolben mit
einer roten Flüssigkeit. Die fleißige Hausfrau hatte im Juni Blütenknospen vom Johanniskraut gesammelt und in Öl eingelegt.
Das im Sonnenlicht entstandene Rotöl war ein probates Mittel zur Wundheilung und bei seelischen Verstimmungen. Es wurde
abgefüllt, dunkel gelagert und ganzjährig verwendet.
Echtes Johanniskraut, auch Hartheu genannt, trägt den lateinischen Namen "Hypericum". Der Zusatz "perforatum" deutet auf
die mit kleinen Drüsen durchsetzten Blätter, die im Gegenlicht sehr gut zu erkennen sind. In diesen Drüsen befindet sich,
ebenso wie in den Blüten, neben anderen Bestandteilen das rote Hypericin. Es stellt den Hauptwirkstoff des
Johanniskrautes dar.
Echtes Johanniskraut wird bis 1 Meter hoch und blüht um die Sonnenwende schön gelb. Nach dem Johannistag (24. Juni) hat
es seinen Namen. Bauern fürchten es, wenn das Vieh große Mengen an Johanniskraut aufnimmt. Die Haut der Tiere wird dann
sehr empfindlich gegen Sonnenbrand. Man nennt dies eine phototoxische Reaktion.
Neben seinen wundheilenden Eigenschaften (Paracelsus: "Es ist nicht möglich, dass eine bessere Arznei für Wunden in allen
Ländern gefunden wird") wird heute vor allem die antidepressive Wirkung genutzt.
Industriell wird dazu ein standardisierter Trockenextrakt gewonnen und in Tablettenform gegeben. Während der Therapie ist
dringend darauf zu achten, dass Johanniskraut die Haut empfindlich gegen Sonneneinstrahlung macht. Ebenso regt
Johanniskraut die Lebertätigkeit stark an, was zu starken Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln (z.B die Antibabypille
oder Blutverdünnern) führen kann. Da die Wirkstoffe des Johanniskrautes nur wenig wasserlöslich sind, macht die Verwendung
als Tee nur wenig Sinn.
Text: Carsten Wagner, Foto: Eberhard Mayer
Quellen:
Bäumler: Heilpflanzenpraxis heute, Urban/Fischer
Grünwald/Jänicke: Grüne Apotheke, GU
August 2019: Die Besenheide ( Calluna vulgaris )
Die Besenheide, auch Heidekraut oder fälschlicherweise Erica genannt, ist die Blume des Jahres 2019. Sie ist die prägende
Pflanze der Heidelandschaft und gehört zu den Heidekrautgewächsen (Ericaceae).Das Wort "Calluna" ist griechischen Urspungs
und bedeutet etwa kehren, fegen... Zu den Heidekrautgewächsen gehören auch die in Deutschland selteneren Erica-Arten
Grauheide (Erica cinerea) und Glockenheide (Erica tetralix), außerdem Blaubeere, Preiselbeere, Rauschbeere sowie die
Alpenrose u.a.
Der immergrüne Zwergstrauch hat dachziegelartig angeordnete kleine Blätter, offene Blüten mit je vier violetten Kelch-
und Blütenblättern und sehr lange Staubgefäße. Der Nektar ist extrem zuckerhaltig und daher eine ausgezeichnete Bienenweide,
was Imker sehr zu schätzen wissen.
Die Besenheide benötigt sandigen, nährstoffarmen Boden und ist deshalb auf den Heiden der Schwäbischen Alb mit ihrem
kalkhaltigen Boden nicht anzutreffen. In den Sandheiden Norddeutschlands tritt die Besenheide flächendeckend auf und
ist im Spätsommer und Herbst die Touristenattraktion.
Die ideale Form der Heidepflege ist die Schafbeweidung. Wo dies nicht möglich ist muß man andere Pflegemaßnahmen durchführen.
Läßt man die Sträucher ungehindert wachsen, können sie bis zu einem Meter hoch und undurchdringlich werden. Der Zwergstrauch
verholzt sehr schnell und ist deshalb geeignet zur Herstellung von Bürsten und Besen. Auch wird in Norddeutschland der First
der Reeddächer wegen der langen Haltbarkeit aus Besenheide hergestellt.
Auch in sonnigen Waldlichtungen kommt die Besenheide vor. Hier bildet sie allerdings nur lückige Bestände und wird etwa 10
bis 15 Zentimeter hoch. Für die Gartengestaltung ist die Besenheide ebenfalls eine wichtige Pflanze. Gärtnereinen halten
zahlreiche Züchtungen mit unterschiedlichen Blühzeiten und Farben von weiß bis dunkellila das ganze Jahr über bereit.
In Filderstadt finden wir "Calluna vulgaris" auf der Haberschlaiheide, im Park des Wohn- und Pflegezentrums "St. Vinzenz"
und auf verschiedenen sonnenbeschienenen Lichtungen im Wald.
Text und Foto: Brigitte Spahr
September 2019: Der Kaisermantel ( Argymnis paphia )
Der Kaisermantel ist der größte Perlmuttfalter Mitteleuropas. Er zählt zu den häufigsten Arten und ist auf
Waldlichtungen, Schonungen, Waldwiesen und an Waldwegen, Waldrändern und letztes Jahr 2018 sehr
häufig am Sommerflieder in Gärten beobachtet worden.
In den Alpen kommt er in den Höhen bis 1000 m vor. Er eilt von Blüte zu Blüte, Distelblüten und
Wasserdost mag er besonders gern. Der Falter fliegt etwa 5 Wochen lang in einer Generation von Ende Juni
bis Mitte September.
Die Eier werden nicht an der Nahrungspflanze, sondern einzeln an Baumstämmen in der Nähe abgelegt.
Die Jungraupe verläßt das Ei nicht, sondern überwintert darin bis zum Frühjahr.
Männchen und Weibchen des Kaisermantels sind auf der Flügeloberseite unterschiedlich gefärbt.
Beim Weibchen ist die gelbe Grundfarbe dunkler oft grünlich bis grau. Das Männchen hat auf der Oberseite
der Vorderflügel vier längliche schwarze Duftschuppenstreifen, das Weibchen nicht.
Beide Geschlechter weisen auf der Unterseite der Hinterflügel strichförmige Silberzeichnungen auf,
der Falter wird deswegen auch häufig Silberstrich genannt. Wenn der Falter ruht, klappt er die Flügel
nach oben zusammen, so daß man gut die Silberzeichnungen sieht.
Die Raupe verpuppt sich im Juni. Die graubraune Stützpuppe weist goldfarbene Höcker auf. Der
Falter schlüpft im Juni oder Juli. Die Raupe besitzt gelbe Dornen. Das vordere Dornenpaar überragt
hornartig den Kopf. Die Nahrungspflanzen der Raupen sind Veilchen, besonders Wald-u. Sumpfveilchen,
aber auch Himbeeren.
Text und Foto: Jürgen Staffeldt
Oktober 2019: Der Fransenenzian ( Gentianell ciliata )
Die Franzenenziane bilden eine eigene Pflanzengattung innerhalb der Enziangewächse. In diese Gattung gehören neben dem
Gewöhnlichen Fransenenzian auch Feld-, Sumpf- und Deutscher Enzian. In Filderstadt ist nur der Gewöhnliche Fransenenzian
in kleinen Beständen zu finden. Volkstümliche Namen sind "Wilder Bittersüß" und "Himmelsstängel". Namensgebend sind die
bewimperten (gefransten) Blütenblätter.
Die zweijährige Pflanze blüht von August bis Oktober auf kalkreichen, trockenen und stickstoffarmen Ton- und Lehmböden. Die
Hauptverbreitung ist im präalpinen Laub- und Nadelwald der süd-, mittel- und osteuropäischen Hochgebirge. Der Fransenenzian
wird 5 bis 20 cm hoch. Aus einer Blattrosette wächst ein vierkantiger Stängel mit kreuzgegenständigen lanzettlichen
Blättchen, der meist nur eine Blüte mit vier leuchtend blauen, gefransten Blütenblättern trägt.
Die Blüten entwickeln sich nur bei ausreichendem Licht. Sie locken durch ihre auffallende Farbe und mit einem Veilchenduft
Hummeln und Tagfalter an. Die Vermehrung geschieht einerseits durch Verzweigung der Rhizome (Wurzeln) aber auch durch
Verbreitung der Samen durch Wildtiere und den Wind.
Da der Fransenenzian in Filderstadt nur in einzelnen Exemplaren vorkommt und die Blüten nur wenige Tage geöffnet bleiben,
ist es ein Glücksfall, die Pflanze zu finden. Kleine Vorkommen gibt es in der Jungen Klinge und auf der Gutenhalde.
In Deutschland ist der Fransenenzian nach der Bundesartenschutzverordnung geschützt. Er wurde 1996 in der Roten Liste der
gefährdeten Pflanzen in der Kathegorie 3 = gefährdet eingeordnet.
Text und Foto: Brigitte Spahr
November 2019: Einseitswendiges Verstecktfruchtmoos ( Cryphaea heteromalla )
Das einseitswendige Verstecktfruchtmoos gehört als einziger, einheimischer Vertreter zu einer Familie von Moosen, zu
der ca. 100, meist tropisch oder subtropisch verbreiteten Arten gehören. Es ist in West- und Südeuropa, Nordafrika, den
Azoren, den Kanaren und Nordamerika zu finden. Insgesamt ist die Cryphaea submediterran bis subatlantisch verbreitet. Sein
Name leitet sich von
κρυφαιος (kryphaios = verborgen)
ab, da die Sporenkapseln nicht auf einen Stiel emporgehoben, sondern
in den oberen Blättern eingeschlossen sind.
Die kriechenden Stängel mit bis zu 5 cm langen, gelblich- bis dunkelgrünen Ästen wachsen in lockeren aufrechten Rasen.
Die kurzen Seitentriebe, an denen sich die Kapseln bilden, führen zu einem sehr charakteristischen Aussehen. Besiedelt
werden Stämme und Äste von Laubbäumen, besonders von Holunder. Die Art ist an offenen und halbschattigen Stellen, meist
an Waldrändern zu finden. In geschlossenen Waldgebieten oder isolierten Einzelbäumen findet man die Art nicht. Da Cryphaea
nur kleinere Rasen bildet, ist sie bei reichen Epiphytenbewuchs nicht einfach zu finden. Die schlanken, abstehenden Äste
sind bei einem richtigen Blickwinkel von anderen Epiphyten allerdings gut zu unterscheiden.
In Baden-Württemberg wurde die Art erstmalig 1857 am Heidelberger Schloss gefunden und gehörte für viele Jahre auch in
Deutschland zu den Seltenheiten. Noch 2001 wird in "Die Moose Baden-Württembergs" darauf hingewiesen, dass die Art im Gebiet
schon immer eine große Seltenheit war. Nur im Saarland wurde Cryphaea auch schon früher etwas häufiger beobachtet.
In den letzten 20 Jahren ist eine deutliche Ausbreitungstendenz zu beobachten. Hatte die Art in der Vergangenheit im
atlantisch beeinflussten, südwestdeutschen Raum ihre Verbreitungsgrenze, so verschiebt sich diese bis nach Südskandinavien
und Polen. Als ein Grund wird der Klimawandel herangezogen, was auch den Ausschlag zur Wahl des Mooses des Jahres 2019 gab.
Vorkommen im Harz und im Erzgebirge sprechen jedoch nicht für eine klimabedingte Ausbreitung dieser subatlantischen Art.
Viele der Funde liegen in der Umgebung landwirtschaftlich genutzter Flächen, was auch auf eine Ausbreitung auf Grund
steigender Stickstoff-Emissionen deuten könnte. Eine finale Aussage bleibt weiteren Forschungen vorbehalten.
Von der zunehmenden Ausbreitung hat auch Filderstadt profitiert. Cryphaea konnte bisher zweimal in Filderstadt nachgewiesen
werden, zum einen in einem kleinen Wäldchen nahe der Straße zum Schützenhaus und zum anderen in einer Streuobstwiese im
Gewann Lechtfeld. An beiden Stellen wurden nur kleine Bestände gefunden. Die Art ist in Filderstadt derzeit selten, weitere
Vorkommen sind aber zu erwarten.
Text, Foto und Verbreitungskarte: Uwe Schwarz
Dezember 2019: Das Wintergoldhähnchen ( Regulus regulus )
Die Goldhähnchen, unsere kleinsten einheimischen Vögel, sind mit nur 9 cm Körpergröße winzig klein und nur aus der Nähe
(und mit gutem Gehör) an ihrem wispernden Gesang und den feinen Rufen zu erkennen. Während das Wintergoldhähnchen ganzjährig
(also auch jetzt im Dezember) bei uns zu beobachten ist, zieht es das Sommergoldhähnchen im Spätherbst ins wärmere
Südwesteuropa und in die Mittelmeerländer.
Wie und wo kann man die Winzlinge antreffen und erkennen?
Beide Arten bewohnen Nadel- und Mischwälder, aber auch Gärten und Parks mit eingestreuten Nadelbäumen. Vor allem in
Fichten, aber auch in Tannen, Lärchen und Kiefern fühlen sie sich wohl - sie sind also Nadelbaum-Spezialisten. Ab und an
findet man sie in Filderstadt auch im Wacholdergebüsch der Haberschlai-Heide oder der Plattenhardter Heide beim Altenheim
St. Vinzenz. Ihre Nahrung suchen sie auf der Ast- Ober- und Unterseite, wo man sie geschickt durch die Zweige turnen sieht
und manchmal sogar kurz rüttelnd beobachten kann. Allerdings: man muss schon genau hinsehen, um die kleinen Kobolde
überhaupt zu erkennen. Sie sind im Nadelgehölz schwer zu finden, vorteilhaft ist jedoch, dass sie meist zu zweit oder
dritt unterwegs sind und sich rastlos hin- und her bewegen.
Wie unterscheiden sich Winter-Goldhähnchen von ihrer "Zwillingsart", den Sommer-Goldhähnchen?
Am besten achtet man (mit viel Geduld!) auf die unterschiedliche Kopfzeichnung, welche allerdings bei dem rast- und
ruhelosen Vogelzwerg nicht immer sofort zu erkennen ist. Beide Arten besitzen auf der Kopfplatte gelblich (Weibchen) oder
orange-gelb gefärbte Scheitelstreifen beim Männchen, die schwarz eingerahmt sind. Das Sommergoldhähnchen weist zusätzlich
noch einen auffälligen weißen Überaugenstreif und einen dunklen Strich durchs Auge auf - beim Wintergoldhähnchen fehlen
diese beiden Merkmale.
Im Gesang unterscheiden sich beide Arten ebenfalls: während das Wintergoldhähnchen meist eine viersilbige, auf- und
absteigende und etwas trillernde Melodie erzeugt, besteht die Stimme das Sommergoldhähnchens aus feinen, leicht ansteigenden
si-si-si-siii-Tönen. Aber wie erwähnt: die feinen Stimm(ch)en sind nur schwer hörbar!
Das kleine Kugelnest des Wintergoldhähnchens ist nach oben offen und hängt frei in kleinen Zweigen und Ästen. Das Gelege
ist 5-13 Eier groß (!) und wird in gut zwei Wochen ausgebrütet. Nach ca. 3 Wochen Nestlingszeit verlassen die Jungen ihr
Brutquartier, meist werden zwei Jahresbruten zwischen Ende März und Anfang August durchgeführt.
Die Nahrung des Goldhähnchens ist variabel: Kleininsekten, Spinnentiere, Kleinschnecken sowie Pollen von Koniferen.
Text: Eberhard Mayer, Foto: Frank Derer
Besondere Beobachtungen / Entdeckungen in 2019 (neueste zuerst)
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