Tradition und Kultur

Maori und Aotearoa


 

LEBENDIGE KULTUR DER MAORI

 

Eigener Bericht


 

In verschiedenen Ausgaben vom "Neuseelandhaus-Newsletter" finden sich kompetente Beschreibungen der Maori Geschichte und ihrer Kultur. Daher zitiere ich zunächst gekürzte Abschnitte daraus und weiterer Quellen. Dies sind:

  • "Neuseelandhaus-Newsletter" vom 02. Mai 1999
  • "Neuseelandhaus-Newsletter" vom 24. Oktober 1999
  • Brockhaus Wissens-Center

 

"Wie eine riesige Speerspitze ragt das polynesische Dreieck über den Pazifik. Die Osterinsel im Osten, Hawaii im Norden und Neuseeland im Süden bilden seine Eckpunkte. Gewaltige Entfernungen trennen die einsamen Inseln im größten Ozean der Erde. Dennoch fühlen sich die Menschen der Südsee, die Polynesier, eng miteinander verbunden - durch verwandte Sprachen und Kulturen und durch gemeinsame Mythen aus der Zeit ihrer großen Entdeckungsfahrten. Auch die Maori Neuseelands hüten einen reichen Schatz an Mythen und Legenden. Und für viele Europäer ist die Doppelinsel selbst zur Legende geworden - als eines der letzten Naturparadiese der Erde.

Zeit der Besiedlung

Die Frühzeit der Maori auf Neuseeland ist bis heute nicht restlos erforscht. Fest steht, dass sie um das 14. Jahrhundert mit ihren Auslegerbooten von den Cookinseln einwanderten. Die genaue Ankunftszeit konnten archäologische Funde jedoch noch nicht klären. Nachzuweisen ist nur, dass die ersten Ankömmlinge die so genannte archaische Maori- oder Moa-Jäger-Kultur entwickelten. Die Moas - riesengroße flugunfähige Vögel - dienten nicht nur als Nahrung, aus den mächtigen Knochen stellten die Maori Werkzeuge her und benutzten die Eischalen als Wasserspeicher.

Die Gesellschaft der Maori war hierarchisch gegliedert. Während der klassischen Maori-Kultur bildeten die Ureinwohner zahlreiche Stämme, die von Rangatiras (Oberhäuptlingen) regiert wurden. Ihre Dörfer bestanden aus rechteckigen Giebeldachhütten, die um einen Marae (Dorfplatz) platziert waren. Sie lebten von Getreideanbau, Vogel- und Fischfang. Die meisten Stämme waren überaus kriegerisch, halbrituelle Stammesfehden standen an der Tagesordnung. In Kriegszeiten war Kannibalismus weit verbreitet. Einerseits glaubten die Maori, mit dem Essen des Herzens des besiegten Feindes dessen mana (Prestige und Macht) aufnehmen zu können, andererseits stellte Menschenfleisch in einem Land mit sehr wenig verfügbaren tierischen Eiweiß eine willkommene Nahrungsergänzung dar.

Die traditionellen Maori waren davon überzeugt, dass alle Objekte der Natur, wie Felsen, Bäume, Flüsse oder Berge, eine spirituelle Kraft besitzen und ihre verstorbenen Ahnen spirituell anwesend sind.

Ein Sagenkreis dreht sich um den listenreichen Halbgott Maui, einen entfernten Verwandten von Odysseus und Prometheus. Eines Tages zog er einen gigantischen Fisch an die Meeresoberfläche: Te Ika a Maui, der Fisch des Maui, so nennen die Maori die Nordinsel Neuseelands. Die Südinsel dagegen stellt das versteinerte Kanu des Halbgotts dar und Stewart Island seinen Ankerstein.

Und dann sind da die Geschichten um Kupe, in denen wohl ein historischer Kern steckt. Der Häuptling des geheimnisvollen Landes Hawaiki - wahrscheinlich Raiatea bei Tahiti - soll bei der Jagd auf einen Riesenkraken vor über 1000 Jahren die letzte größere Landmasse entdeckt haben, die von Menschen besiedelt wurde. Eine große Wolke hatte ihm den Weg nach Neuseeland gewiesen und so nannte Kupe die Doppelinsel Aotearoa, das Land der langen weißen Wolke. Ein zweite Siedlungswelle erreichte Aotearoa um 1300 mit der Ankunft der Heke, der Großen Flotte. Jeder Maoristamm sieht seinen Ursprung in einem Kanu der Heke. Und viele Maori können ihren Stammbaum über fast 30 Generationen bis zur Ankunft der Flotte zurückführen.

Was auch immer wahr ist an den Geschichten von Kupe oder der Großen Flotte - in jedem Fall waren die Vorfahren der Maori Seefahrer, gegen die sogar die Leistungen der Wikinger verblassen. Punktgenau steuerten sie selbst die kleinsten Inseln an - in einem Ozean, der ein Drittel der Erdoberfläche bedeckt. Ohne Kompass, Sextant oder Chronometer überwanden sie etwa seit 1300 v. Chr. in 15-20 Meter langen Doppel- und Auslegerkanus die Wasserwüsten des Pazifik. Sie navigierten dabei nach den sogenannten Kaveinga, den "Sternenwegen" des Nachthimmels. Auch dank ihrer genauen Kenntnisse von Windverhältnissen, Wassertemperaturen und Meeresdünungen im Pazifik konnten sie ihre Position immer bis auf wenige Seemeilen genau bestimmen.

Als Kupe Neuseeland entdeckte, wagten sich europäische Seefahrer kaum aus der Sichtweite der Küste heraus. Aber auch sie sehnten sich - ohne von seiner Existenz zu wissen - nach Aotearoa. Schon in der Antike vermuteten die Griechen auf der gegenüberliegenden Seite der Erde einen unentdeckten Südkontinent, Terra australis incognita. Auf der Suche nach dem unbekannten Südland durchquerten im 17. und 18. Jahrhundert europäische Expeditionen den Pazifik. Die Berichte von Kapitänen wie Abel Tasman, Antoine de Bougainville oder James Cook lösten in Europa eine Welle der Südseeromantik aus, die bis heute nicht verebbt ist.

Die Zeit bis zur Gegenwart

Natürlich entpuppten sich mit der Zeit viele Klischeebilder vom wiedergefundenen Paradies als falsch. Anders in Neuseeland: Die Natur des Landes zeigt sich an vielen Orten noch so, wie sie von Papatuanuku, Ranginui und ihren Söhnen geschaffen wurde. Und nach kriegerischen Auseinandersetzungen im 19. Jahrhundert haben Maori und Pakeha hier zu einem friedlichen Zusammenleben gefunden. Die Kulturen beider Bevölkerungsgruppen befruchten sich heute gegenseitig. So hat das ausgeprägte Umweltbewußtsein der Neuseeländer seine Wurzeln in den Mythen der Maori. Und viele Maori leben ihre kriegerischen Traditionen heute in einem Sport der Europäer aus, im Rugby.

Selbst wer mit Rugby noch kaum oder nur am Rande in Berührung gekommen ist, hat sicherlich schon von den All Blacks aus Neuseeland gehört - und vielleicht sogar schon Bilder gesehen von dem urtümlichen Tanz, den die Mannschaft unmittelbar vor ihren Spielen aufführt. Mit dem «Haka», wie der Tanz heisst, soll nicht etwa der Gegner eingeschüchtert werden. Er ist vielmehr eine Selbstherausforderung, ein potentes Symbol für den Nationalstolz und dazu ein Mittel, die Spieler der All Blacks aufzupeitschen. «Wenn ich den Haka ausführe, fühle ich alle vergangenen, zukünftigen und jetzigen All Blacks in mir - es gibt mir spirituell einen derartigen Adrenalinschub, daß ich durch eine Steinmauer rennen könnte», sagte Neuseelands Fluegelspieler Jonah Lomu. Erstmals aufgeführt wurde der Tanz übrigens schon 1888 von den Maoris auf einer Tour durch England, die All Blacks übernahmen ihn 1905 anlässlich ihres ersten England-Besuches.

In der Sprache der neuseeländischen Ureinwohner bedeute Haka Tanz. Laut Legende wurde der Haka «Ka Mate» 1820 komponiert, von Te Rauparaha, dem Häuptling der Ngati Toa, nachdem ihm die Flucht vor Feinden gelungen war. Dabei suchte er Schutz bei Te Wharerangi (der haarige Mann),der ihn in eine Grube steckte und seine Frau darüber setzte. Damit sollten die Verfolger irregeführt werden, denn kein Maori-Mann von Rang würde sich unter die Genitalien einer Frau setzen. Als Te Rauparaha seine Feinde nahen hörte, flüsterte er «Ka mate, ka mate» (ich sterbe, ich sterbe), nach Abzug seiner Feinde rief er «ka ora, ka ora» (ich lebe, ich lebe). Der weitere Text dieses Hakas ist ein Lob für seinen Beschützer und die Beschreibung seines Aufstiegs aus der Grube.

Ka mate, ka mate, ka ora, ka ora
Ka mate, ka mate, ka ora, ka ora
Tenei te tanagata puhuruhuru
Nana nei i tiki mai whakawhiti te ra
A upane, kaupane
A upane, kaupane, whiti te ra.

(Ich sterbe, ich sterbe, ich lebe, ich lebe
Ich sterbe, ich sterbe, ich lebe, ich lebe
Dies ist der haarige Mann
Der die Sonne holte und sie wieder zum Scheinen brachte
Ein Schritt aufwärts, noch ein Schritt aufwärts
Ein Schritt aufwärts, noch ein Schritt aufwärts, die Sonne scheint.)

Es hat also direkt mit den Mythen der Maori zu tun, daß Neuseeland sich viel von seiner natürlichen Ursprünglichkeit bewahrt hat. Nach der alten Naturreligion der Ureinwohner waren auch Tiere, Pflanzen und Steine beseelte Wesen, die es zu achten galt. Himmel und Erde, Wald, Wind und Meer waren nur die materiellen Formen göttlicher Wesen: Tane Mahuta etwa, der mächtige Gott des Waldes oder der Meeresgott Tangaroa. Neuseelandreisende können Mythen und Legenden ganz unmittelbar erfahren. Denn es bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, das Wissen und die Kultur der Maori kennenzulernen - etwa bei geführten Wanderungen durch den Regenwald des Urewera Nationalparks oder beim Besuch in einem Marae, dem Versammlungsplatz eines Maoristammes.

Auntie Ada, eine Dorfälteste aus dem Maori-Stamm der Ngati Porou, führt stolz durch ihr Versammlungshaus. Das Whare Whakairo ist der Mittelpunkt des Marae und spirituelles Zentrum jeder Maori-Gemeinschaft, wo immer ihre Mitglieder auch leben mögen. Das Haus verkörpert einen besonders angesehenen Ahnen: Dachfirst, Balken und Fassadenbretter - mit reichem Schnitzwerk verziert - symbolisieren Rückgrat, Rippen und Arme des Vorfahren, der seine Nachkommen damit schützend umfängt. Als Zeugin des Jahrhunderts hat Auntie Ada eine bemerkenswerte Renaissance der Maori-Traditionen erlebt. Die althergebrachte Schnitzkunst, Musik, Gesänge und Tänze wie der kriegerische Haka werden nicht nur als Folklore gepflegt, sondern wirklich gelebt - und gerne mit Besuchern geteilt.

Wer etwa ein Marae besucht, kann beim gemeinsamen Essen aus dem Hangi-Erdofen den Schöpfungsmythen um die Erdmutter Papatuanuku und den Himmelsvater Ranginui lauschen:
Die beiden Liebenden hielten sich zunächst eng umschlungen. Zwischen ihren Körpern aber lebten die Göttersöhne, die es natürlich zu Licht und Luft drängte. Um selbst Platz zum Leben zu gewinnen, trennten sie ihre Eltern voneinander. Dagegen protestierte nur der jüngste Sohn, Ruamoko, der kindliche Gott der Vulkane. Bis heute greint er und gibt Feuer und Schwefelgestank von sich, bis Papatuanuku ihn wieder in den Schlaf wiegt. Von Ruamokos Wut zeugen z. B. die Vulkane, Geysire und Thermalquellen im Land der Ngati Porou um Rotorua auf der Nordinsel.

Berühmt sind die Gesichtstätowierungen der Maori mit Spiralmustern, ihre Plastik- und Reliefschnitzereien, der Nephrit-Brustschmuck sowie die Federmäntel aus Kiwi-Federn. Die Maori haben eine lange kriegerische Tradition und sind für ihr kunsthandwerkliches Geschick bekannt.

Die Mythen und Traditionen der Maori sind daher keine Requisiten einer künstlichen Folklore, sondern Ausdruck einer lebendigen Kultur.

Die rund 310 000 Ureinwohner von Aotearoa (Land der langen weißen Wolke, ursprüngliche Maori-Bezeichnung für Neuseeland), die rd. 13% der neuseeländischen Bevölkerung stellen, sind nach jahrhundertelangen Auseinandersetzungen heute fast restlos in die britische Kulturgemeinschaft der Pakeha (weiße Europäer) eingegliedert. Der 1840 abgeschlosenne Vertrag von Waitangi schloss die politische Inbesitznahme der Inseln durch Großbritannien formal ab und sichert den Maori Gleichstellung mit den Weißen zu. Nur mehr 5% des Landes befinden sich heute in den Händen des polynesischen Volkes."

 

Eigener Bericht

Die nachfolgenden Schilderungen, Fakten und Folgerungen stammen sowohl aus eigenen Erkenntnissen und Recherchen als auch von unserem Reiseführer Wilhelm Haeata Lehmberg, der als adoptierter Maori ein ausgewiesener und anerkannter Kenner der Maori ist.
(Wilhelm stammt aus der Lüneburger Heide, blieb vor vielen Jahren in Neuseeland "hängen" und ist jetzt als selbständiger Reiseunternehmer und Reiseführer dort tätig. Link zu Wilhelm Lehmberg)

Die Benennung "Maori" ("ao" verbunden gesprochen als ein Vokal) für die Urbevölkerung ist ein Kunstname und bedeutet in deren Sprache: "Angehöriger eines Stammes".

Nachfolgende Themen möchte ich behandeln:

 

Zur Besiedlung durch die polynesischen Maori

Zu Beginn wurden beide Inseln zur Ansiedlung ausgewählt. Wegen des milderen Klimas siedelten die späteren Einwanderer lieber auf der Nordinsel. Heute leben 95% der ca. 40 Maori Stämme auf der Nordinsel. Dort entwickelten sich dann Zentren der Maori Kultur wie z.B. die Stadt Gisborne an der Bay of Powerty.

Gemäß einer Inschrift am "One Tree Hill" in Aukland verlief die Besiedlung wie folgt:

  • 925 Erster Besuch von KUPE (mit Kanu Matahorua)

  • 1150 Erste Besiedlung

  • 1350 Organisierte Besiedlung von Hawaiki aus

mit den legendären 7 Kanus namens:

  • TIANUI
  • ARAWA
  • MATAATUA
  • AOTEA
  • TAKITIMU
  • HOROUTA
  • TOKOMARU

Noch bis zum heutigen Tage führen die Maori Stämme ihre Herkunft jeweils auf eines dieser Kanus zurück.

Die vier Jahreszeiten im Leben der archaischen Maori

Nachdem die Besiedlung Neuseeland durch die Polynesier auch auf mangelde Nahrung in der polynesischen Heimat zurückgeführt wird, ergeben sich daraus vielfältige Konsequenzen. Obwohl das Klima Neuseelands wesentlich rauher (subantarktisch) als das ihrer Heimat ist, besiedeln sie wegen des relativ günstigen Klimas zuerst die Nordinsel.

Zu Hause schon landwirtschaftlich tätig, führen sie auf ihren Reisen Pflanzen und Saatgut mit sich, haben aber wenig Glück mit der An- und Aufzucht der subtropischen Arten. So verbringen sie drei Viertel des Jahres mit Ackerbau:

  • Das Frühjahr nutzten sie zur Rodung von Urwald und der Anlage und Bewirtschaftung von Feldern.

  • Der Sommer dient der Betreuung der Felder, der Jagd auf Fische und Vögel und letzlich der Ernte.

  • Im Herbst werden das Erntegut verarbeitet, haltbar gemacht und die Felder für den Winter versorgt.

  • Im Winter ziehen die Männer traditionell in den Krieg mit anderen Stämmen, meist um zusätzliches, dringend benötigtes Kulturland zu erobern. Und dies kam daher:

Als die Maori Neuseeland besiedelten, fanden sie die Moas - straußenähnliche, große Laufvögel, die zudem noch leicht zu jagen waren - als willkommene Fleischlieferanten vor. Von diesen paradiesischen Vorkommen (man schätzt den Anfangsbestand auf über eine Million Tiere) machten alle reichlich Gebrauch, bis zur gnadenlosen und vollständigen Ausrottung dieser einzigartigen Vögel in nur wenigen Jahrhunderten.
(Da Moas wegen fehlender natürlicher Feinde nur jeweils ein Ei pro Jahr zur Erhaltung ihres Bestandes legen mussten, wäre eine Zucht von Moas für die Maori ohne Erfahrung in der Tierzucht zu aufwändig gewesen.)

So beraubten sich die Maori ihres wichtigsten Fleisch- und Eiweißlieferanten durch eigenes Verschulden und waren nun dringend auf Ersatz angewiesen. Was liegt da bei Menschen näher als Kampf und Krieg mit dem Nachbarn um Ressourcen. So kommt auch der den Polynesiern nicht gänzlich unbekannte Kannibalismus wieder auf. Es ist wohl überliefert, daß gefangene und getötete Gegner den Siegern als Nahrung dienten. Häufiger aber war ritueller Kannibalismus, der nur den Stammeshäuptlingen und den Priestern vorbehalten war.

Symbiose im Glauben

Zu meinem Erstaunen sind die meisten Maori streng gläubige Christen. Wie ist das zu erklären? Das scheint relativ einfach, wenn man berücksichtigt, daß Maori heute noch sehr eng mit der Natur verbunden sind und deren "Götter" (z.B. Tane Mahuta - Herr des Waldes) problemlos in die Welt des Christentums passen. Dazu gehört auch die spirituelle Beziehung zu allen Objekten der Natur und das Umweltbewusstsein der Maori. Wie manch andere Naturvölker finden diese unter ähnlichen Umständen die völlig problemlose Vereinbarkeit ihres traditionellen Glaubens mit dem Christentum.

Bedeutung des Marae

Maori sind von Haus aus gesellige Menschen in einer stark hierarchisch gegliederten Gesellschaft (grob gesagt: 1. Häuptling und Schamane, 2. das Volk, 3. Gefangene anderer Stämme). Es gibt sogar vereinzelt das Matriarchat und im übrigen haben Frauen eine starke Stellung in der Gemeinschaft. Daraus ergibt sich, daß die traditionellen Versammlungshäuser, die Marae, als Zentrum der Stämme im Mittelpunkt des Lebens der Maori stehen. Je nach Stamm unterscheiden sich die Marae in Aussehen und Ausstattung. Es gibt ganz schlicht gehaltene, aber auch mit handwerklich kunstvollen Schnitzereien versehene Marae.

Diese Marae sind nicht nur Treffpunkt der Lebenden, sondern auch aller Verstorbenen, die ihrerseits spirituell immer anwesend sind. Daher werden die Ahnen auch sehr vereehrt und mit in das Lebendige z.B. durch Ansprachen einbezogen. Ein Marae selbst besteht aus einem Haupthaus für die eigentlichen Versammlungen und zahlreichen Nebengebäuden wie Küchen, Speisesäle und Unterkünfte. Der Platz vor dem Versammlungshaus dient dem Begrüßungsritual für die Gäste und ist für Maori ein heiliger Ort. Das Marae eines Stammes wird zu allen möglichen Gelegenheiten genutzt, vornehmlich zu Versammlungen in Stammesangelegenheiten wie z.B. Gerichtstagen und außerdem:

  • zu Hochzeiten

  • zu Feiern ranghoher Mitglieder

  • aber auch zu Trauerfeiern.

Zu den Treffen sind jeweils alle Stammesangehörigen eingeladen, die dann aus dem ganzen Land zusammenkommen. Daher ist es auch üblich, daß solche Veranstaltungen mehrere Tage andauern. Das Marae muß dann groß genug sein, alle Gäste zu beköstigen und unterzubringen. Die Gebäude sind damit auch auf die Größe des Stammes ausgerichtet. Wie an anderer Stelle erwähnt, beteiligen sich alle Anwesenden in verschiedener Weise an den Kosten der Versammlung und des Unterhaltes des Marae.

Die offiziellen Versammlungen, zu denen auch Gäste anderer Stämme oder Besucher aus Übersee auf Einladung teilnehmen können, werden nach strengen, überlieferten Regeln, an die sich alle halten müssen, geführt. Siehe dazu auch:

"Offizielle Marae Zeremonie"

Beispiele von Maori Denkweise und Symbolik

 

Bei geschnitzten Figuren z.B.:

  • Drei Finger bedeuten: Geburt - Leben - Tod

  • 4. Finger bedeutet: Leben nach dem Tod

  • 5. Finger bedeutet: dargestellte Person lebte noch, als die Schnitzerei hergestellt wurde

 

Welche Farben gibt es?:

  • WEIß: für Geburt bzw. Anfang von allem

  • ROT: für Blut bzw. Leben

  • SCHWARZ: für Tod bzw. Ende von allem

aber auch die folgende Symbolik (gesehen an einer Kirche, Halbinsel Aupouri):

Weiss - Rot - Schwarz ---> Sonne - Mond - Sterne

 

Was benötigt ein Baby zum Überleben? :

  • Essen

  • Trinken und

  • Luft

Liebe sollte es bekommen, braucht es aber nicht zum Überleben!

 

Wovon wird man morgens wach? :

  • Vom Gesang der Vögel

  • und nicht vom Wecker!

 

Missverständnisse

Tatort Gisborne:

Matrose Captain Cook's feuert auf freundliche Maori

Am 9. Oktober 1769 ankerte Captain James Cook in der Powerty Bay, dort wo heute Gisborne liegt. Zur traditionellen Begrüßung Fremder erschienen zahlreiche Maori des dortigen Stammes mit ihren Stammeszeichen und in Kriegsbemalung am Strand. Da Cook und seine Mannschaft noch keine Erfahrung mit den Maori gemacht hatten, werteten sie das als unfreundlichen Akt bzw. als Angriff. Verhängnisvollerweise verloren einige Matrosen die Beherrschung und schossen auf die tanzenden Maori. Einige wurden dabei getötet.

James Cook verließ unverrichteter Dinge die Bucht, um schließlich in der Mercury Bay - Coromandel Halbinsel bei Whitianga - das Land für König George III in Besitz zu nehmen.

Noch ein Missverständnis:

Bei kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen weißen Kolonisten und Maori ist es vorgekommen, daß Maori Frauen den Angreifern ihr nacktes Hinterteil entgegengestreckt haben - als Zeichen der Verachtung. Die Weißen deuteten das jedoch fälschlicherweise als Angebot zum Geschlechtsverkehr. Diese Leute hatten damit ein "tapu" gebrochen und wurden dafür kurzerhand durch die Maori Krieger vom Leben zum Tode befördert

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Copyright © 2004 Hartmut Spahr. Alle Rechte für Texte und Fotos vorbehalten.